Der innere Schweinehund ist manchmal schwerer als eine Packung Katzenfutter.
Vor einer Woche erstmals Katzenfutter online bestellt. Habe jetzt neuerdings zwei Haustiere, da lohnt es sich von der Menge her. Gestern nun die Nachricht erhalten, dass besagtes Paket in meiner Packstation wartet. Endlich mal was auf Vorrat. Also rein ins Auto, ab zur Post.
Klein erahnend
Geht ganz schnell, Kundenkarte reinstecken, Abhol-Code eingeben und schon öffnet sich das gelbe Fach. Klack. Ich gucke nach links, nach rechts, weiter unten. Da wo sonst meine Pakete landen. Meist Bücher oder Elektronikzeugs. Diesmal nicht? Noch mal die Augen kreisen lassen. Es hatte ja geklackt. Da ganz oben in der Rehe weit überm meinem Kopf ist eine Tür geöffnet. Aus meiner 1,52-Meter-Perspektive lässt sich ein braunes Paket erahnen. Als ich es mit dem langen Zeigefinger bewegen will, spüre ich, wie schwer es ist. Hatte ich echt soviel bestellt?
Unförmig runter
Egal wie, das Paket ist meins und muss doch irgendwie von da oben runter zu mir. Da! Vier Packstationen weiter links steht junger Mann und tippt gerade seinen Code ein. Ich warte noch, bis er sein Päckchen rausholt und die Klappe schließt. Dann gehe ich zu ihm rüber. „Können Sie mir bitte helfen? Ich komme nicht oben ran.“ Er guckt mich an, dann zur Tür, auf die ich deute. Klar doch. Läuft rüber und hebt den Karton an. „Der ist aber schwer“. Und hebt ihn dennoch locker runter. Ist halt nur unförmig groß die Bestellung. Keine Übergabe, er hält das Paket weiter in der Hand.
Überhaupt eingegangen
„Sind sie mit dem Auto da?“ Na klar, da hinten steht er. Er läuft in die Richtung, wo meine Hand hinzeigt. „Der hier?“ Genau. Ich drücke auf die Fernbedienung, damit er in den Wagen laden kann. Schwupps. Fertig. Noch ein Lächeln seinerseits. Weg ist er wieder. Und ich bin einfach dankbar. Dafür, dass er überhaupt auf meine Bitte eingegangen ist. Und nach dem erste Gewichtsschock sogar noch eins oben drauf gesetzt, in dem er mir die Ware zum Auto getragen hatte. Und überhaupt auch dankbar mir selbst, dass ich mich überhaupt getraut habe, ihn zu fragen.
Anerkennend gestärkt
Es benötigt oft einer große Überwindung, Jemanden um Hilfe zu bitten. Lieber gefühlt stundenlang drüber grübeln, wie die eigene Körpergröße und -kraft eigenständig kompensiert werden können. Hat mitunter was von Selbstverliebtheit. Krieg ich schon alleine hin. Was beim inneren Schweinehund durchaus mitspielen kann, ist die Angst vor Ablehnung. Eine Bitte ist schließlich eine Frage, kein Befehl. Kann verneint werden, manchmal sogar ohne lange Erklärung. Das zu akzeptieren, fällt vielleicht nicht leicht. Aber wenn ja, dann verleiht es mitunter eine unterwartetete, nachhaltige Stärke, sobald umgesetzt. Nämlich die innere Kraft, den Anderen in seiner Entscheidung zu respektieren und damit wiederum Anerkennung vom Gegenüber gewinnen zu können. Das ist viel wert. Genau wie das eigenständige Angebot eines jungen Mannes, dem ein Paket fast schon zu schwer und der es dann freiwillig hundert Meter weiter befördert hat. Respekt und Danke. ≈≈
© Aus dem Alltag von Linda Könnecke
… möchte, dass der Postmann einen Brief vorbeibringt. http://bit.ly/mr_postman