Das kann er mal getrost alleine hinbekommen.
≈ Gestern nach Feierabend keinen Platz direkt vorm Wohngebäude gefunden. Fast auf gleicher Höhe in der Parallelstraße. Am nächsten Morgen ehrgeizig die Bürotasche geschnappt, Haustür abgeschlossen und die Straße überquert in Richtung Grünstreifen. Die Farbe steht für den fleißig wachsenden Rasen zwischen Wohnhäusern mit dem sich Wege durch die Karlsruher Südststadt akürzen lassen. Oder einfach dort treffen, mit Freunden quatschen und weiterziehen. Oder schnellstmöglich zum eigenen Auto gelangen, weil verspätet aufgewacht und pünktlich zur Firmenbesprechung. So wie heute. Morgens um 8 Uhr. Selbst zu dieser frühen Stunde begegnet man hier Leuten, die einfach nur abhängen. So wie heute.
Genussvoll gewendet
Gerade mit denn ersten Schritten entlang des Weges die frisch gewachsenen Gänseblümchen bewundert. Da bemerke ich, wie sich auf einer entfernten Sitzbank von seiner Gesprächspartnerin entfernt und die Rasenseite rechts von mir zusteuert. Er stellt sich breitbeinig auf und dreht den Rücken zu mir. Wendet den Kopf noch einmal nach links zu seiner Partnerin, dann nach rechts. Entdeckt mich beim Entgegenkommen. Richtet den Kopf nach unten, öffnet seine Hose, holt den Piepel raus und entleert seine Blase. Scheint viele Liter vorher getrunken zu haben, denn der Vorgang dauert etliche Minuten an. Des Mannes Kopf ist jetzt genussvoll gen Sonne gerichtet. Zugleich räuspert er seine Stimmbänder und ruft freudig zur anderen Frau rüber.
Schnell weggepackt
„Bin ich jetzt bald auf Youtube?!?“ Ah ja. Ich blicke auf mein Mobiltelefon in der rechten Hand. Wollte gerade das Bluetooth aktivieren, um später im Auto telefonieren zu können. Vermutlich dachte der blasenentleerende Herr, dass ich kurz filme und das Werk demnächst auf bekanntem Videokanal veröffentlichen werde. Ich packe das Handy schnell weg. Für den andwarhol’schen 15-Minuten-Ruhm soll bitte jeder selber dran arbeiten. Bin doch keine nächste Stufe entlang der Karriereleiter. Nur mal dringend auf dem Weg zur Arbeit. Meiner. ≈≈
© Aus dem Alltag von Linda Könnecke
Umgedreht, weggedreht oder wie bei liebevoll den Kopf verdreht.
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