Schweigen vom Gegenüber


Er saß still vor sich hin und sprach plötzlich.

 

Wegen Infekt das örtliche Wartezimmer betreten. Trotz heiserer Stimme ein kräftiges „Guten Tage“ in die Runde meiner Mitpatienten verlauten lassen. Okay, saß auch nur ein Mann gegenüber. Keine Reaktion von ihm. Wohl missgelaunt. Egal. Das bereitliegende „Mickey Mouse“-Heft geschnappt, tief durchgehustet und in seriöse Lektüre versunken. „Beine hoch!“ heißt plötzlich von gegenüber.

Nach vorne gerückt

Huch?! Etwa ich? Er zeigt tatsächlich auf meinen Tentakel und murmelt etwas von „nicht … Boden“. Der Mann hat ja recht. Wenn ich meinen Popo bei Standardstühlen dicht an der Lehne platziere – so wie gerade beim Arzt – reicht die Beinlänge eben nur bis kurz vorm Boden. Ist mir in all den Jahren entgangenen. Ich lächle ihn kurz an und rücke auf meinem Stuhlsitz weiter nach vorne. Ein weiterer Patient kommt ins Zimmer. Ich grüße, der ebenfalls Vorherschondagewesene mir gegenüber schweigt.

Besser gewünscht

Minuten später ruft mich die Arzthelferin. Ich stehe auf, sammel mein Kram zusammen und lege meine Lektüre ordnungsgemäß dahin, wo ich sie herhatte. .Da blickt mein bisheriges Gegenüber aufmerksam hoch, verharrt eine Sekunde und wünscht mir tatsächlich „Gute Besserung.“ Danke. So schön, dass am frühen morgen. Von einem mir bisher fremden Mitmenschen.≈≈ 

© Aus dem Alltag von Linda Könnecke


Der Anglo(amerikaner) wünscht stattdessen „Bless you“.

ink spots

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