Der Polizist suchte eine Familie und glaubte mir nicht.
≈ Die Karlsruher Polizei scheint mich zu mögen, bin sowas wie ihr zuverlässiger Freund und Helfer. Oder war es andersrum? Erst heute wieder, an meinem ersten freien Tag in der Woche, noch vor dem Frühstück, klingelten sie mal wieder an der Wohnungstür. Okay, diesmal nur einer. Er.
Heimlicher Schrecken
Tür auf, freundliches „Hallo“ meinerseits in seine Richtung. Habe ja nichts im Hinterstübchen. Dennoch. Warum auch immer. Vielleicht liegt es an meinen von Natur aus großen Augen, eventuell auch an doch nicht zu verheimlichenden Schrecken, wenn ich einen uniformierten Gesetzeshüter sehe. Jedenfalls grüßt er nicht zurück, sondern beschwichtigt vorab: „Keine Sorge, nichts passiert“, lautet sein erster Satz. Und schon lasse ich mich auf den Mann ein.
Nachbarschaftliche Kenntnis
Wo denn die Familie ‚XYZ‘ wohne. Da oben, also schräg über mir, sage ich. „Da steht aber ein anderer Name dran“, erzählt er von seiner offensichtlichen Erkundungsreise Minuten zuvor. In unserem Haus haben die wenigsten Nachbarn ihren Namen neben der Wohnungstür vermerkt. Wer uns besuchen will, weiß schon von alleine, in welchem Stock und an welcher Tür er den Einzelnen findet. Man kennt sich halt, selbst unsere Postboten sind längst eingeweiht und fragen kaum nach. All das beginne ich dem stirnrunzelnden Polizisten zu erklären, doch er unterbricht mich, bevor ich mich verbal verlustieren kann.
Entschuldigende Erklärung
„Da steht aber ‚JKL‘ an der Tür“. Sind halt erst kürzlich eingezogen, hatten wohl keine Lust auf Schildänderung oder ihnen ist es selbst nicht aufgefallen. Sage ich und zweifele innerlich. Warum erkläre bzw. entschuldige ich mich eigentlich für meinen Nachbarn? Bleibt doch jedem selbst überlassen, ob und was er neben seine Wohnungstür schreibt. Muss die Uniform sein. Schüchtert ein. Und schon hakt er beamtenfreundlich nach. „Sind Sie sich wirklich sicher? Weil bei der Wohnung über Ihnen heißt es ‚MNO“ und nebenan ‚JKL‘.“ Jetzt erkläre, entschuldige ich mich selbst. „Also die Frau XYZ kenne ich persönlich, die wohnt da schräg über mir. Können Sie auch unten am Hausklingelschild sehen.“ Kurz still. Beide.
Bekanntes Geheimnis
Irgendwas an meiner letzten Erklärung scheint den Polizisten vielleicht nicht überzeugt, doch zumindest beruhigt zu haben. Mitsamt seinem amtlichen Schreiben, das ihn wohl hierher geführt hatte, verabschiedet er sich und stapft ins obere Stockwerk. Ich höre seine Stimme im Gespräch mit einer anderen. Die Suche scheint beendet. Und als ich meine Wohnungstür schließe, endlich bereit fürs Frühstück, fällt mir was ein. Vor mehr als zehn Jahren hatte ich meine Studentenwohnung zuerst untervermietet und dann komplett an den neuen Mieter übergeben. Er wohnt dort immer noch. Genau wie mein Name, der seit Anfang des Jahrtausends neben der Wohnungstür klebt ebenso wie beim Hauseingang am Klingelschild und dem Briefkasten. Wenn das der Polizist von heute Morgen wüsste.≈≈
© Linda Könnecke
„…wie mein Name an der Tür“
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