Wie ich wartete, er sich bequemte und wir uns daheim fühlten.
≈ Bin diese Woche in der Werkstatt gewesen. Korrektur: habe mein Auto hingebracht. Reifenwechsel für den Winter. „Dauert maximal eine Stunde, wir rufen Sie auf, wenn alles erledigt ist.“ Ab in den Wartebereich, zu den anderen Autoliebhabern. Kein großer Saal, eher ´ne kleine Eckrunde. Die vier roten Sessel in der freien Fläche zwischen dem neuen Citroen-Modell und seinem Vorgänger sind extrem nah aneinander gestellt. Gäbe es nicht den modernen weißen Couchtisch in der Mitte, würden unsere Knie aneinander schlagen. Auf der Fensterseite steht ein überdimensionaler Flachbildschirm, leider nicht aktiv. Fernbedienung liegt zwar bereit, nur hat sich keiner bemüht, das Gerät anzuschalten. Vom Kaffeeautomaten nebendran haben sich dafür alle vier bedient. Darauf deuten die innen bräunlich gefärbten Tassen hin.
Frauchen weg
Alle Wartenden blättern in bereit gelegten Magazin, meist Koch- und Klatschzeitschriften, wohl auch der Überzahl an Frauen geschuldet. Dann gesellt sich ein älterer Herr zur Runde. Er grüßt niemanden, hievt sich dafür lautstark in den letzten freien Sessel. Bereits sitzend und die Hundeleine haltend, platziert er seine meter-hohe Französische Dogge direkt den Fernseher. Genau gesagt zwischen dem Sessel seines Herrchens und einer nebendran sitzenden Frau. Offenbar die Seinige. Zumindest grunzen sich beide von Zeit zu Zeit an. Und wir Fünf warten. Er, sie, eine zweite Sie, ich und der Hund. Wobei Letzterer mittlerweile flach auf dem Fliesenboden vorm TV und gemütlich vor sich hin brummt. Nach etwa einer Stunde schaut der Werkstattmeister vorbei. Nicht für mich. Frauchen soll vorne an der Theke die Reparaturkosten begleichen. Die andere Frau, nicht dazugehörig, genauso.
Nun sind wir zu dritt. Der Hund, Opa und ich. Mein Blick wandert zum Mann rüber, bin halt neugierig. Doch er streichelt nur weiter seinen Vierbeiner. Spricht dann offenbar Worte in genau meine Richtung. Nur verstehe ich nichts. Mein Hörgerät nicht eingestöpselt. Und tiefstes Badisch ist mir nach all den Jahren immer noch etwas fremd. Er gibt nicht auf. Mein offener Blick hat ihn scheinbar motiviert, jetzt da Frauchen kurz weg ist. Der ältere Herr schaut nach links und rechts, runter zum Hund. Und dann wiederholt er seine Worte im für ihn bestmöglichen Hochdeutsch:
„Ist doch hier fast wie beim Arzt, oder?
Aber irgendwie auch daheim.“
Der Mann steht auf. Räumt die dreckigen Kaffeetassen vom Tisch, welche wir anderen Drei liegen lassen haben, zurück neben den Automaten. Er kommt zurück an unseren Couchtisch, schiebt die aufgeblätterten Zeitschriften zusammen und legt sie ordentlich neben die Werbeprospekte. Blickt noch einmal in der Warterunde um her, ob auch nichts vergessen. Schnell die Fernbedienung gerade gerückt. Nimmt sich die Hundeleine, zieht energisch dran und stiefelt mitsamt Vierbeiner gen Ausgang des Autohauses. Dort wo Frauchen längst mit tadelndem Blick an der Tür steht und – wartet.≈≈